Ehrenamt sei Dank!
Erfolgreicher Crossläufer trainiert Kinder in der Leichtathletik

Ein Freund großer Worte ist er nicht. So asketisch und diszipliniert er äußerlich wirkt, so zurückhaltend ist auch seine Art. Das ändert sich nur, wenn Bernd Czarnietzki von seinem Ehrenamt erzählt. Dann leuchten seine Augen und seine Worte sprudeln vor Begeisterung regelrecht über: „Ich 700x465-Czarnietzki-Ehrenamt-2.jpgmöchte zurückgeben, wovon ich in meiner Jugend selbst profitiert habe“, erklärt er seine Motivation für seine Trainertätigkeit bei der DJK-Novesia-Neuss. Mindestens zweimal pro Woche trainiert der 54-Jährige nach seiner Arbeit als Elektromeister bei den Stadtwerken Neuss auf der Ludwig-Wolker-Sportanlage Kinder im Alter bis zehn Jahren im Bereich der Leichtathletik. Czarnietzki, selbst begeisterter Sportler – insbesondere Crossläufer –, ist einer von vielen Stadtwerke-Mitarbeitern, die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren.

„Kinder haben heutzutage nicht mehr so die Möglichkeit, draußen zu sein und unbeschwert rumzutoben“, sagt Czarnietzki. „Dabei ist Bewegung für die Entwicklung doch besonders wichtig.“ Deshalb möchte er den Nachwuchs an seiner Begeisterung für den Sport teilhaben lassen.

Einnahmen als Ehrenamtler an Verein gespendet

Darauf angesprochen, ob der Trainer- und Kampfrichterjob auch finanzieller Anreiz sei, sagt Czarnietzki: „Überhaupt nicht. Es geht mir nicht um das Geld, sondern um die Freude und den Spaß an der Sache.“ Rund 3.800 Euro hätte Czarnietzki als ehrenamtlicher Trainer und Kampfrichter im letzten Jahr verdienen können. Doch statt sich privat davon etwas Besonderes zu gönnen, hat er die gesamte Summe der Leichtathletik-Abteilung der DJK Neuss Novesia gespendet. Damit nicht genug des ehrenamtlichen Engagements: Sogar ein Teil seines Urlaubs geht dafür drauf. Im August fährt er eine Woche nach Berlin, um als Kampfrichter bei den Leichtathletik Para Athletics EM tätig zu sein. „So kann ich auch diesen Sportlern meinen Respekt zollen“, sagt er und fügt hinzu: „Wir nehmen es als selbstverständlich hin, gesund zu sein und nehmen dieses persönliche Glück oft kaum wahr. Deshalb sollten wir nicht vergessen, insbesondere Menschen mit Handicap mit dem notwendigen Respekt und mit herzlicher Wertschätzung zu begegnen.“

465x700-Czarnietzki-ehrenamt.jpgEs fehlen Trainer für den Nachwuchs

Sein ehrenamtliches Engagement nahm er auf, als seine beiden Söhne – mittlerweile 13 und 14 Jahre alt – vor einigen Jahren mit dem Sport begannen. „Ich stellte fest, dass in einigen Neusser Vereinen Übungsleiter und Trainer fehlen, um sportbegeisterten Kindern den frühen Zugang zu vielen Sportarten zu ermöglichen“, so Czarnietzki. Das war Anstoß genug, 2011 den Übungsleiterschein beim Kreissportbund Neuss für die Leichtathletik zu erwerben und anschließend bei der TG Neuss eine Kindergruppe zu trainieren. Als er merkte, wie viel Spaß ihm die Tätigkeit macht, aber auch mit wie viel Verantwortung sie verbunden ist, erwarb er zwei Jahre später den C-Trainerschein beim Landesverband NRW. Vor zwei Jahren wechselte er in die Leichtathletik-Abteilung der DJK-Novesia Neuss. Für 2019 hat er sich vorgenommen, die Qualifizierung als B-Trainer zu schaffen.

Auch als Kampfrichter bei Wettbewerben

Neben seiner Trainertätigkeit ist er auch als Kampfrichter für die Leichtathletik im Einsatz. „Denn ohne Kampfrichter können keine Wettkämpfe stattfinden“, erklärt er und fügt hinzu: „Zum Glück habe ich keine Schichtdienste – sonst wäre dieses Ehrenamt nicht möglich.“ Denn Vereinsmitglieder erwarteten zu Recht Sicherheit bezüglich der Trainingszeiten und der Anwesenheit der Trainer. „So wie der Bus seinen Fahrplan einhalten muss, haben wir hier am Platz zu sein, wenn die Kinder kommen.“ Zwar habe er einmal im Monat eine Woche lang rund um die Uhr Bereitschaft, doch das sei mit der Trainertätigkeit vereinbar. „Wenn ich notfallmäßig gerufen werde, ist ja immer noch ein anderer Trainer hier.“ Nur an Wettkämpfen könne er in Bereitschaftswochen nicht teilnehmen. Aber diese Einschränkung nehme er gelassen in Kauf. „Denn grundsätzlich kann ich pünktlich hier auf dem Platz sein und das ist bei anderen Arbeitgebern keine Selbstverständlichkeit.“
Mittlerweile ist er seit sieben Jahren ehrenamtlich als Leichtathletiktrainer tätig „und meine Freude daran ist ungebrochen“. Seine Motivation ziehe er daraus, dass die Kinder unbändigen Spaß an der Bewegung haben. Zudem sei es erfüllend zu beobachten, mit welcher Begeisterung sie zum Training oder zu Wettkämpfen kommen und wie stolz sie über die erzielten Ergebnisse sind.

Lauftalent wurde mit zwölf Jahren entdeckt

700x465-Czarnietzki_Bernd.jpgBernd Czarnietzki erinnert dies an seine eigene Kindheit. „Denn ich hatte persönlich das Glück, dass in der sechsten Klasse meinem Lehrer aufgefallen war, dass ich ein guter Läufer bin“, so der gebürtige Mecklenburger. Als Zwölfjähriger kam er zu den Leichtathleten, wurde gefördert, erhielt auf ihn persönlich zugeschnittene Trainingspläne. Besonderes Talent zeigte er als Crossläufer. „Das Querfeldein-Laufen ist eine besondere Herausforderung, schwieriger als das Laufen auf befestigten Wegen“, erklärt der durchtrainierte Elektromeister. Denn Crossläufer rennen auf unebenen Wegen, über Wiesen, durch Wälder, müssen Hindernisse nehmen, Tempi anpassen und Höhenunterschiede überwinden. Wenige Jahre nach seiner „Entdeckung“ als Lauftalent – Czarnietzki war inzwischen Auszubildender als Elektriker bei der Warnowwerft in Warnemünde –  gewann er zunächst den Crosslauf der Rostocker Betriebe und durfte später als Fackelläufer die Spartakiade eröffnen.
Seit 16 Jahren arbeitet Czarnietzki inzwischen bei den Stadtwerken Neuss und ist auch in der Rheinstadt seinem Hobby immer treu geblieben. Als 27-Jähriger legte er 1990 beim Köln-Marathon seine persönliche Bestzeit ab mit zwei Stunden und 37 Minuten. Weitere acht Marathon-Läufe folgten. Besonderes Highlight war die Teilnahme am New-York-Marathon anlässlich seines 50. Geburtstags.

„Keiner wird ausgelacht, keiner ausgegrenzt“

Obwohl Czarnietzki durch und durch Sportler ist, bemüht er sich besonders, auch jene Kinder zu motivieren, die motorisch eher talentfrei zu sein scheinen oder Gewichtsprobleme haben. „Keiner wird ausgelacht, keiner ausgegrenzt“, sagt Czarnietzki. Kinder sollen sich einfach trauen, bestimmte Bewegungsabläufe nachzumachen. „Ich möchte vor allem deren Kampfgeist wecken und vermitteln, wie schön die Bewegung ist.“ So könne er zurückgeben, wovon er in seiner Jugend selbst profitiert habe. Czarnietzki: „Es war ja all’ die Jahre selbstverständlich, dass uns ein Trainer betreut hat.“

Spielerisch Kinder zu Leistungen pushen

700x465-Czarnietzki-Arbeit.jpgDamit vor allem der Spaß erhalten bleibt, denkt er sich gemeinsam mit Trainerin Valentina Kislich stets neue Herausforderungen für die Kinder aus. Auch das notwendige Warmmachen erfolgt daher spielerisch. Wie beispielsweise beim Kettenfangen zu Beginn des Trainings. Egal, wer der Fänger ist: am liebsten suchen sich die kleinen Mädchen und Jungen, die die Fänger sind, den „Bernd“. Kreischend laufen sie hinter ihm her, bis er sich einfangen lässt. Mit ihm an der Hand fällt es offenbar leichter, andere zu fangen. Während er mit den Kleinen eine Kette bildet und so manches Kind hinter sich her ziehen muss, bleibt er unbeeindruckt, wenn ein Junge sich mitten im Lauf theatralisch auf den Boden wirft oder ein Mädchen plötzlich zickig wird – vermutlich weil die Puste ausging. Dann redet er beruhigend auf sie ein und motiviert sie, weiter zu machen.
„Es bereitet Freude, Kinder spielerisch zu Leistungen zu pushen“, erklärt Czarnietzki. Drill gebe es bei ihm sowie seinen Trainer-Kollegen überhaupt nicht. „Aber wenn wir erkennen, dass ein Kind Talent hat, sind wir bestrebt, es zu fördern.“ Als Trainer sowie als Kampfrichter habe er schon manches Kind ein Stück seines Lebens begleitet. Czarnietzki: „Als Trainer sind wir ja Vermittler zwischen Verein und Familie. Da kommt es schon mal vor, dass manche Kinder in mir eine Art Vertrauensperson und Freund oder eben den Ersatz-Papa sehen.“

Ihre Bärbel Broer, freie Journalistin und Autorin des Stadtwerke-Magazins

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