Rund um die Uhr im Einsatz für
knapp 1.000 Kilometer Rohre
 

Es ist eng unter Deutschlands Gehwegen und Straßen. Das gilt auch für Neuss. Gas, Wasser, Strom, Regenwasser, Kanalisation, Kabelfernsehen, Telekommunikation und öffentliche Beleuchtung – die unterschiedlichsten Versorgungsleitungen sind für jeden Haushalt selbstverständlich. Wie eng der unterirdische Raum für die unzähligen Rohre und Leitungen ist, wissen die Rohrnetzmeister der Stadtwerke Neuss besonders gut. Sie sind für die Versorgung mit Wasser und Gas sowie Fernwärme in Allerheiligen verantwortlich. Doch wie macht man seinen Job, wenn alles unter der Erde liegt? Das Online-Magazin der Stadtwerke Neuss blickt hinter die Kulissen der Abteilung Gas-, Wasser- und Fernwärme-Rohrnetz und die Kollegen gewähren einen Einblick unter die Erde.

„Meinen Arbeitstag beschreiben? Das kann ich nicht. Ich habe keinen Alltag“. Als Rohrnetzmeister bei den Stadtwerken Neuss könne er, so erzählt es Jens-Michael Nießner, sich zwar jeden Morgen vornehmen, was er machen möchte. „Doch planbar ist nichts.“ Ob Rohrbrüche, Rohrnetzüberprüfungen, Baumaßnahmen, Gaslecks oder Bombenfunde: Die Rohrnetzmeister haben nicht nur einen abwechslungsreichen tagesaktuellen Job. Sie sind auch rund um die Uhr im Einsatz, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Rund 500 Kilometer Gasrohre, 400 Kilometer Wasserrohre und etwa 15 Kilometer Fernwärmerohre in Allerheiligen – das ist der unterirdische Arbeitsbereich des 40-köpfigen Teams unter Leitung von Florian Krah, Abteilungsleiter Leitungsbetrieb /Technischer Kundendienst.

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Rohrnetzmeister Jens-Michael Nießner mit seinen Stadtwerke-Kollegen Klaus Balzer und Florek Leszek.

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Abteilungsleiter für den technischen Kundendienst und Leitungsbetrieb Florian Krah

24/7: Jederzeit einsatzbereit

„Wir haben vor allem viel Tagesgeschäft“, bestätigt auch Krah. Daher sei der Arbeitstag seiner Mitarbeiter selten exakt planbar. „Das kann unterschiedlichste Ursachen haben“, sagt Krah und zählt auf: Wenn Kunden melden, dass Wasser auf der Straße ausläuft oder braunes Trinkwasser aus dem Hahn kommt. Wenn neue Rohre verlegt werden müssen oder Hydranten nicht funktionieren. Wenn bei Erdarbeiten Weltkriegsbomben gefunden werden, Rohre bei Kälte brechen oder Versorgungsleitungen bei Bauarbeiten beschädigt werden. In all solchen Fällen müssen die Mitarbeiter meist schnell reagieren. „Denn unsere Aufgabe ist die Versorgung der Neusser mit Gas, Wasser und Fernwärme und perspektivisch zunehmend auch Strom“, erklärt der Bauingenieur und fügt hinzu: „Mit dem Ziel einer möglichst unterbrechungsfreien Versorgung.“

Bei Bombenfund Gas und Wasser absperren700x465-Baustelle.jpg

Ob Rohrbruch, Neuverlegung oder Bombenfund: „In solchen Fällen schiebern wir als erstes die Leitungen ab“, erklärt Krah. Das heißt: Die Leitungen werden gesperrt. Es fließt kein Wasser mehr. „Und bei Bombenentschärfungen natürlich auch kein Gas. Das können wir ja nicht in eine Havarie schicken“, sagt Nießner. Absperrorgane, sogenannte Schieber, die alle paar hundert Meter insbesondere an neuralgischen Stellen wie Höhenunterschieden oder Kreuzungen zwischen die unterirdischen Rohre eingebaut sind, sperren die Versorgung ab.

Vorsichtige Suche nach der Bruchstelle

Bei einem Rohrbruch geht erst dann die Suche nach der Bruchstelle los. Keine einfache Aufgabe. „Es gibt keine Sensoren dafür, lediglich Ortungsgeräte zur Bestimmung der Fließgeräusche“, erklärt Abteilungsleiter Krah. Sobald klar ist, wo das Rohr gebrochen sein könnte, muss vorsichtig die Erde freigelegt werden. Zwar gibt es Übersichtspläne, auf denen Gas-, Wasser- und Stromleitungen mit Angaben zu Material, Alter und bisherigen Schäden dokumentiert sind. Doch weil die unterschiedlichen Versorger nicht zur Zusammenarbeit verpflichtet sind, fehlen oft Angaben zu den Leitungen von Telekommunikation oder Kabel. Daher sei besondere Vorsicht geboten, wenn Straßen oder Gehwege aufgemacht werden müssen, erklärt Krah.

Wenig Platz erschwert Zugang zu den Rohren

So wie erst kürzlich in der Plankstraße, wo Rohre neu verlegt werden mussten, weil die Bushaltestelle behindertengerecht umgebaut wird. Kaum war vorsichtig die Erde abgetragen, zeigte sich: „Nichts war so, wie ursprünglich gedacht“, sagt Krah. Andere Leitungen waren so eng verlegt, dass der Zugang zu den Gas- und Wasserrohren kaum möglich war. „Ideal ist ein Korridor von etwa 50 Zentimetern um die Gas- und Wasserrohre. Doch weil so wenig Platz ist, werden die verschiedenen Leitungen immer enger verlegt.“ Das erschwere die Arbeit der Stadtwerke Neuss. Denn Baggern ist in solchen Fällen kaum möglich. „Oftmals müssen wir dann per Hand die Rohre freischippen, um andere Leitungen nicht zu zerstören“, erläutert Krah.

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Blick in die Baugrube: Hier wurde ein neuer Hausanschluss frisch verlegt.

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Alt gegen neu: Der alte Hausanschluss hat ausgedient und kann entsorgt werden.

Regelverlegetiefe erst bei neueren Leitungen

Dass sich das tatsächliche Bild unter der Erde oft anders darstellt als geografische Karten oder digitales Material vermuten lassen, hat verschiedene Ursachen. Zum einen sind nicht alle Leitungen darin verzeichnet, zum anderen ist auf die sogenannte Regelverlegetiefe nur bedingt Verlass. Neuere Leitungen werden idealerweise wie folgt verlegt: Auf einer Tiefe von 1,05 Metern liegen die blauen Wasserrohre, bei 0,95 Metern die gelben Gasrohre, bei 0,60 Kabel-TV-Leitungen und die neueren Glasfaserkabel darüber. Auch die Größe der Rohre ist unterschiedlich: Wasserleitungen haben einen Durchmesser von 10 bis 80 Zentimetern, abhängig davon, wie groß der Wasserbedarf in den zu versorgenden Gebäuden ist. Gasleitungen haben einen Durchmesser von 100 bis 400 Millimetern.
Die meisten Wasserleitungen in Neuss stammen jedoch aus den 1950er, 60er und 70er Jahren. Es gibt sogar noch einige wenige Rohre, die 1910 verlegt wurden. Zeiten, in denen die Regelverlegetiefe kaum eine Rolle spielte. „Wir haben in Neuss sogar noch Leitungen, die in einer Tiefe von sieben Metern liegen“, erklärt Nießner. Doch nicht jede Tiefbaumaßnahme ist gleich gut dokumentiert. Alles Umstände, die die Arbeit der Rohrnetzmeister nicht einfacher machen. Und so wird klar: Einen Arbeitsalltag kennen sie nicht.


Ihre Bärbel Broer, freie Journalistin und Autorin des Stadtwerke-Magazins

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